Die gleichgeschlechtliche Ehe in Deutschland: Über das Rechtliche der Regenbogenfamilie

Ehe-für-Alle
Dies ist ein Gastartikel. Niklas Clamann ist Rechtsanwalt im Bereich des Familienrechts. Er hat sich auf die einvernehmliche Scheidung spezialisiert, die er deutschlandweit als Online Scheidung durchführt und führt seine eigene Kanzlei in Münster.

„Die Ehe ist für alle da!“ Was für uns heutzutage normal erscheint, ist in vielen Teilen der Welt noch immer ein umstrittenes Thema. Auch in Deutschland war es gleichgeschlechtlichen Paaren lange verwehrt, die Ehe einzugehen. Als Anwalt im Familienrecht möchte ich in diesem Gastbeitrag einen Einblick in das gleichgeschlechtliche Eherecht geben und angehenden Ehepaaren zeigen, welche Möglichkeiten ihnen in Deutschland zur Verfügung stehen, ihre eigene kleine „Regenbogenfamilie“ zu gründen.

(Gleichgeschlechtliche) Ehe – Was ist das?

Ehe ist Familie. Oder unromantisch gesprochen: Die Ehe ist eine institutionelle Vereinigung zwischen zwei Personen, in denen ihre Rechte und Pflichten durch gesetzliche Bestimmungen geregelt werden. Das Eherecht legt dabei fest, wer unter welchen Voraussetzungen heiraten darf und welche Konsequenzen diese Heirat hat. In Deutschland entscheiden sich jährlich ca. 400 000 Paare für den Bund der Ehe, darunter sind ca. 10 000 – 30 000 gleichgeschlechtliche Paare. Die Möglichkeit, als Mann einen Mann oder als Frau eine Frau zu heiraten, besteht in Deutschland seit dem 1. Oktober 2017. Doch bis zur „Ehe für alle“ war es auch hier ein langer Weg.

How it started …

Gleichgeschlechtliche Partnerschaften gibt es quasi so lange, wie die Liebe selbst. Dennoch waren gleichgeschlechtliche Beziehungen verpönt und standen in Deutschland noch im 18. Jahrhundert unter Strafe. Den Liebenden drohten Strafen wie Gefängnis oder Zwangsarbeit. Erst im 20. Jahrhundert änderte sich die gesellschaftliche Einstellung gegenüber homosexuellen Paaren allmählich. Erste Forderungen nach Rechten für homosexuelle Menschen wurden in den 1960er und 1970er Jahren laut. Sie führten im Jahr 1994 schließlich zur Abschaffung des § 175 StGB, der Homosexualität unter Strafe gestellt hat.

An diese Entpönalisierung schlossen sich vermehrte Forderungen nach der Gleichstellung von homo- und heterosexuellen Paaren. Die „eingetragene Lebenspartnerschaft“ wurde daraufhin in Deutschland im Jahr 2001 eingeführt. Diese Entscheidung wurde von vielen als Meilenstein auf dem Weg zur Gleichberechtigung angesehen. Die Partner:innen hatten nun etwa das Recht auf Unterhaltszahlungen oder die Möglichkeit, gemeinsam in einer Sozialwohnung zu leben. Dennoch unterschied sich eine eingetragene Lebenspartnerschaft in einigen Punkten von der „klassischen Ehe“: Es fehlte beispielsweise am Recht auf die gesetzliche Krankenversicherung des Partners, auf gemeinsame Adoptionen oder auf Steuervorteile, wie sie verheirateten Paaren zustanden. Die Eingehung dieser Partnerschaft ist anders: Während die Ehe bei einer standesamtlichen Trauungszeremonie besiegelt wird, wird die Lebenspartnerschaft beim Standesamt angemeldet. Außerdem ist die eingetragene Lebenspartnerschaft nicht in allen Ländern anerkannt, im Ausland kann es somit zu Diskriminierung kommen.

Gleichgeschlechtliche Paare standen den verschiedengeschlechtlichen also noch immer nach. Mehrere homosexuelle Paare klagten daraufhin beim Bundesverfassungsgericht und verlangten endlich eine Gleichstellung mit heterosexuellen Paaren. Sie erfolgte schließlich im Jahr 2017 durch die Einführung der „Ehe für alle“. In § 1353 BGB heißt es seitdem: „Die Ehe wird von zwei Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts auf Lebenszeit geschlossen.“

… And how it’s going

Lebenspartnerschaft in Ehe umwandeln?

Nach der Einführung der „Ehe für alle“ wurde es Paaren, die bereits eine eingetragene Lebenspartnerschaft führen, durch weitere Gesetzesänderungen ermöglicht, ihre Partnerschaft rückwirkend in eine Ehe umzuwandeln. Die angesprochenen Nachteile der Lebenspartnerschaft sollen damit beseitigt werden. Entscheiden sich Paare für diese Umwandlung, gibt es jedoch einiges zu beachten. Die Partner:innen müssen gleichzeitig beim Standesamt erscheinen und einander ihren Umwandlungswillen erklären. Anders als bei der Eheschließung erfolgt hier also keine Frage durch den/die Standesbeamt:in, die mit „Ja, ich will“ zu beantworten wäre. Auch können sie keinen neuen Ehenahmen bestimmen, sondern behalten ihren bisherigen Lebenspartnerschaftsnamen. Ein Lebenspartnerschaftsvertrag oder ein gemeinschaftliches Testament werden in die Ehe übernommen.

Wie kann die Regenbogenfamilie wachsen?

Mit dem Wunsch nach der Ehe geht häufig auch der Gedanke an Kinder einher.

Bei gleichgeschlechtlichen Paaren ist die Pflegeelternschaft weit verbreitet. Das bedeutet, dass ein Kind von den Pflegeeltern aufgenommen wird, das Sorgerecht verbleibt allerdings bei den biologischen Eltern. Den Pflegeeltern steht dabei das Recht zu, alltägliche Entscheidungen für das Kind zu treffen, es zu erziehen und zu unterstützen. Die rechtlichen Eltern werden sie jedoch nicht.

Seit der „Ehe für alle“ ist es auch möglich, als gleichgeschlechtliches Paar das Sorgerecht für ein Kind innezuhaben. Dies erfolgt in der Regel durch eine Adoption, bei der ein:e Partner:in das Kind adoptiert und somit das Sorgerecht erhält. Der/die andere Partner:in kann dann eine „Elternschaft durch Verantwortlichkeitsübernahme“ beantragen, um ebenfalls das Sorgerecht zu erhalten. Einschränkungen sind hier insbesondere denkbar, wenn eine:r der beiden Partner:innen bereits ein Kind hat.

Die theoretische Möglichkeit der Leihmutterschaft ist in Deutschland für gleichgeschlechtliche Paare aktuell kommerziell und privat nicht erlaubt. Es bestehen keine gesetzlichen Regelungen für die Leihmutterschaft und somit keine rechtlichen Möglichkeiten, ein Kind durch eine Leihmutter zu bekommen. Auch die ethischen und moralischen Aspekte der Leihmutterschaft sind nach wie vor stark umstritten. Entscheiden sich Paare, von ausländischen Regelungen und Möglichkeiten der Leihmutterschaft Gebrauch zu machen, sollten sie dies genau überdenken und sich von Fachleuten beraten lassen.

Welche Probleme gibt es noch heute?

Leider gibt es noch immer Formen von Diskriminierung, die gleichgeschlechtliche Paare betreffen. So gibt es für heterosexuelle Paare bestimmte Begünstigungen im Steuerrecht, die für homosexuelle Paare nicht gelten. Auch bei Kinderwunschbehandlungen bestehen Unterschiede: Während heterosexuelle Paare in der Regel Zugang zu künstlicher Befruchtung haben, bestehen für gleichgeschlechtliche Paare oft noch Einschränkungen und Hürden. Ebenso verhält es sich im Arbeitsrecht: Hier zeigen sich Probleme bei der Gleichstellung von Elternzeit und der Anerkennung von Pflegezeiten.

Die Lage für gleichgeschlechtliche Paare hat sich in Deutschland in den letzten Jahren stark gebessert. Dennoch braucht es noch immer den Einsatz der Gesellschaft, um die Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Ehen voranzubringen und sicherzustellen.

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