Ich wünschte, der Titel wäre Clickbait. Aber eigentlich fasst er nur zusammen, was mir in drei Jahren, an denen ich jede Woche irgendeine Convention (oder andere Verkaufsmesse) besucht habe, am häufigsten passiert ist. Neid, Missgunst und Mobbing – und zwar von Künstlern, die ebenso dort ausgestellt haben. Aber fangen wir ganz von vorne an.
Im Titelbild seht ihr einen der schönsten Momente meines Lebens: Die erste Convention, auf der selfesteem vertreten war.
Recht schnell habe ich Kontakte geschlossen, in erster Linie zu Händlern. Eine Aussage, besser gesagt ein Kompliment, wird mir dabei für immer in Erinnerung bleiben.
Ich hab schon viele Schmuckkünstler kommen und gehen sein. Aber bei dir hab ich echt das Gefühl, dass du auf Dauer dein Ding durchziehen wirst.
Das gleich bei der ersten Convention zu hören, nachdem man sich vorher eineinhalb Jahre lang auf die Selbständigkeit vorbereitet hat, eine lange Entstehungsphase des Shops vorangegangen ist, da freut man sich einfach ungemein.
Wir hatten so viel Kleinigkeiten dabei, die Standbreite variierte anfangs immer nur zwischen zwei und drei Metern. Und ich fühlte mich so unbesiegbar.
Fast jedes einzelne Mal waren meine zwei liebsten Menschen dabei, meine beste Freundin (ich weiß, du wirst das lesen: Ich hab dich lieb! <3) und mein Schatz (den ihr nicht zu Gesicht bekommen werdet, der will nicht im Web vertreten sein). Beide haben von Anfang an an mich und selfesteem geglaubt, haben mir die Stange gehalten und mich unterstützt, wo es nur ging. Seien es Vorbereitungen gewesen oder dass sie mit zu den Messen fuhren, um mir dort beim Verkauf zu helfen. Ich bin so unendlich dankbar für diesen Support, denn ohne die beiden wäre der Shop heute womöglich noch gar nicht dort, wo er eben ist. Weil ich nie die Möglichkeit gehabt hätte, auf so vielen Messen vertreten zu sein.
Aber genau dieser Erfolg zieht schnell einen Schatten nach sich.
Einen ganz, ganz großen.
Es ist so schade, wenn man darüber nachdenkt, denn eigentlich haben wir so viele schöne Momente auf diesen Conventions erlebt.
Die Kunden waren immer superlieb und ich hab mich immer so gefreut, wenn ich um ein Foto mit ihnen gebeten wurde und es hat mich oft wirklich zu Tränen gerührt, wenn plötzlich jemand vor mir stand, der mir ganz aufgelöst erzählte, wie glücklich derjenige sei, mich endlich in Person zu treffen, denn sie wären schon ewig Fans von mir.
Manchmal haben sogar Leute extra minutenlang nach meinem Stand gesucht und dann quer durch den Raum gebrüllt: „ICH HAB SIE GEFUNDEN! HIER IST SIE!“
Kunden erzählten ihren Freunden neben mir, wie stabil meine Ketten wären, andere wiederum brachten sieben verschiedene Menschengruppen zu meinem Stand, um ihnen zu zeigen, wie toll meine Sachen seien. Selbst jetzt bin ich richtig gerührt, während ich solche Sachen aufschreibe.
Genau wegen solcher Leute habe ich Conventions geliebt.
Und keine Sorge, die negativen Momente haben mich nicht dazu bewegt, von dort fernzubleiben. Was genau es damit auf sich hat, habe ich in einem eigenen Blogeintrag auf selfesteem erklärt: Kein Conventionverkauf mehr – die Gründe dafür (lest ihn gerne durch, wenn ihr dazu Näheres erfahren wollt).
Es begann mit bösen Blicken
Erst bekam ich von Mit-Ausstellern düstere Blicke zugeworfen. Insbesondere dann, wenn meine Sachen gelobt wurden.
Zum ersten Mal war mir das so richtig aufgefallen, als ich mit der Mutter einer begeistert shoppenden Kundin sprach, die sich ebenso eine meiner Ketten gekauft hat. Sie meinte, sie wäre schon überall durchgelaufen, aber das sei nun das erste Stück, das sie sich unbedingt kaufen müsse, weil es ihr so gefällt – und dann fragte sie, ob ich das beruflich mache. Ich erzählte ihr, dass das tatsächlich mein Hauptberuf sei und just im selben Moment schnellten die Köpfe anderer Aussteller in meine Richtung.
Man war es mir nicht vergönnt. Nicht, dass die Dame ihr Geld bei mir ließ und nicht, dass ich damit meinen Lebensunterhalt bestreiten konnte.
Dann kamen fiese Kommentare hinzu
Ich wünschte, ich könnte wirklich sagen, dass es die immergleichen Künstler und Mit-Aussteller waren, aber dem war einfach nicht so.
Es war einfach jedes Mal jemand anderes, mich konnte einfach niemand leiden, weil sich alle so daran störten, dass bei mir wirklich andauernd jemand stand und bei ihnen niemand.
Kauf doch nicht bei der, wir haben viel süßere Sachen.
Sagte mein frickin Standnachbar.
Schau dir die an, was finden die nur alle an ihren Sachen, ist doch alles voll hässlich und sie selbst ist auch total die Kartoffel.
Sprach eine hübsche Lolita, die ich zuvor noch um einen Flyer ihres Shops gebeten hatte, weil ich mir dachte, dass ihre Röcke Diana gefallen könnten, die bei jener Convention nicht dabei war. Sie dachte, ich hör sie nicht. Ich hab ihren Flyer daraufhin weggeworfen.
Und dann ging es bis ins Cyberbullying
Fiese Kommentare per Direktnachricht und Blockierungen. Ja, sogar so weit ging es.
Eine damalige Freundin dachte, ich würde immer völlig übertreiben mit meinen Erzählungen. Und dann war sie selbst zweimal auf Conventions dabei, um mir zu helfen.
Die Künstlerszene ist gefühlt nur toxisch
Man mobbt und hasst sich gegenseitig, niemand gönnt dem anderen was. Wenn es bei mir mal nicht so lief – auch das kam vor! – dann bin ich einfach mit Diana oder meinem Handy dagesessen und hab gewartet, bis jemand kam. Was bringt es mir denn, andere runterzumachen, jeder hat mit seinen Produkten eine Daseinsberechtigung!
Leider kann ich die Kunden nur insoweit in ihrem Handeln beeinflussen, dass ich schon extra die Ringe oder andere Produkte, bei denen man lange aussuchen musste, in eher die Tisch- bzw. Standmitte platziert hatte. Aber trotzdem bildeten sich schnell mal Menschentrauben rund um unseren Platz, die dann leider in die nächsten anliegenden Stände ragten.
Sich bei mir da zu beschweren und mich da runterzumachen bringt einfach niemandem etwas.
Ich wurde sogar mal angemotzt, meine Stifte absichtlich um drei Euro zu verkaufen, weil ich gesehen hatte, dass die Standnachbarin welche um das doppelte (what the fuck!) verkaufen würde. Ein Blick in meinen Shop hätte gezeigt, dass das einfach mein normaler Preis ist, was ich ihr auch freundlich gesagt hatte. Aber motzen und ungut sein bringt den Menschen scheinbar mehr. Etwas, das ich nie verstehen werde.
Ich sah mich daher schnell als Händler und reagierte empfindlich auf das Wort „Künstler“
Und kaum, dass ich mir die Investitionen in einen wesentlich teureren Händlerstand geleistet hatte, war das Theater vorbei. Ich muss jetzt gerade, wo ich diese Zeilen schreibe, ernsthaft den Kopf schütteln. Weil es wirklich traurig ist, wie unprofessionell und toxisch viele Künstler sind.
Mit anderen Händlern hatte ich mich immer super verstanden. Kaum traf man sich auf anderen Conventions, erkannte man sich gegenseitig und tauschte sich aus, half sich sogar gegenseitig und passte aufeinander auf. Da war ein Gemeinschaftsgefühl, das einfach so herrlich erfrischend war. Und das, zusammen mit den superlieben Kunden und natürlich dem klassischen Convention-Feeling, sind die drei Dinge, die ich einfach immer wieder Mal vermisse.
Aber ich glaube nicht, dass ich mal wieder auf Conventions ausstellen werde. Dieses Jahr hatten wir darüber nachgedacht, aber dann kam Corona und wer weiß, wie sich das in Zukunft dann entwickeln wird…