Nach über 10 Jahren war ich erstmals wieder beim Zahnarzt

Zahnarztangst-überwunden

Am 29. Januar habe ich auf Twitter einen Thread geschrieben:

Diesen zu verfassen ist mir unglaublich schwergefallen.

Zu meiner Überraschung bekam ich daraufhin ziemlich viele Nachrichten, in denen mir versichert wurde, dass ich mich für diese Angst und diese Komplexe überhaupt nicht schämen muss und dass das vielen so geht. Mir wurde dabei auch von zwei Personen erzählt, dass sie selbst für einen (beinahe) so langen Zeitraum nicht beim Zahnarzt gewesen sind.

Als dann im weiteren Verlauf (ich habe dann begonnen, den Hashtag #BabsisZahnarztAdventures zu verwenden) auch Nachrichten hinzukamen, dass man sich durch meine Story motiviert fühlen würde, selbst auch seine Angst vorm Zahnarzt zu überwinden, habe ich mir vorgenommen, weiter und auch etwas detaillierter darüber zu schreiben – nicht nur auf Twitter, sondern nun auch hier auf dem Blog.

Diesen Blogeintrag wollte ich eigentlich schon länger schreiben, aber ich bin leider bisher nicht dazu gekommen. tumblr_inline_mg16f1RxCn1qdlkyg

Der Termin lag dann etwa eineinhalb Monate in der Zukunft und als es so weit war, bibberte ich am ganzen Körper.

Die ganze Story gibt es nun als Video!

Warum sind es überhaupt so viele Jahre ohne Zahnarztbesuch geworden?

Mit den Zahnärzten direkt von der Gebietskrankenkasse hab ich schon in meiner Kindheit nicht die besten Erfahrungen gemacht. Als ich daher mit 21 beschlossen hatte, mir eine Zahnspange zuzulegen, um meine schiefen Zähne richten zu lassen, wandte ich mich an einen Arzt, bei dem eine Kindheitsfreundin von mir als Zahnarzthelferin arbeitete.

Ich bekam eine Mundhygiene, mir wurden Zähne gerichtet, und beim dritten Termin passierte dann einfach ein kleiner Supergau, der mich dazu veranlasste, diesen Arzt nicht mehr aufzusuchen.

Während ich mit offenem Mund und Schlauch darin auf dem Behandlungsstuhl saß, flitzte plötzlich ein Golden Retriever durch den Raum. Augenblicke später stand der Sohn vom Zahnarzt im Raum, weil er Taschengeld wollte. Ich war als Patient in dem Moment nicht wichtig genug, der Arzt wandte sich an seinen Sohn und plauderte ohne Witz mit ihm.

Später sagte er zu einer der Helferinnen, dass ich schon wieder eine Mundhygiene brauche – und anstatt mir einfühlsam zu erklären, warum das nach so kurzer Zeit (es lagen nur wenige Monate zwischen dem Tag und der ersten) wieder nötig sei, sprach er das über meinen Kopf hinweg aus, sodass ich mich schlecht fühlte, als könnte ich meine eigenen Zähne nicht richtig reinigen. Mir wurde im Übrigen auch nicht erklärt, was ich womöglich falsch mache.

Außerdem gab er mir während der Behandlung eine Spritze, obwohl ich zuvor sagte, dass ich Angst davor habe und ich keine möchte. (Ja, die Alternative wären Schmerzen gewesen, heutzutage lasse ich mich lieber direkt spritzen – aber das ist nicht die richtige Vorgehensweise bei Zahnarztangst, so wie er das gemacht hat!)

Und als wäre das alles nicht schon genug, eröffnete er mir am Ende, dass er gar keine Zahnspangen machen würde.

An diesem Tag schwor ich mir, dass ich nie wieder zum Zahnarzt gehen würde, solange ich keine Schmerzen habe. Und selbst dann würde ich einen anderen Arzt aufsuchen und nicht mehr diesen.

Die Schmerzen blieben aber (zu meinem Glück) all die Jahre aus

All die Jahre habe ich keine Schmerzen gehabt. Lediglich Wachstumsschmerzen wegen meiner Weisheitszähne, aber die zählen in der Hinsicht für mich nicht.

Nun ist mein Freund jemand, der ziemlich viele Probleme mit seinen Zähnen hat, wodurch ich in dieser Zeit immer wieder mit dem Thema konfrontiert worden bin. Irgendwann sagte mir daher die Vernunft, dass ich dringend mal wieder einen Zahnarzt besuchen sollte.

Begeistert war ich absolut nicht, dass ich da nun anrufen sollte, um einen Termin zu vereinbaren.

Schon am Telefon habe ich ihr gesagt, dass ich schon ewig nicht mehr war. Sie fragte mich nach Schmerzen, ich hatte keine, also bekam ich einen Termin eineinhalb Monate später. Sollte ich in der Zwischenzeit doch Schmerzen bekommen, solle ich mich einfach melden, um einen früheren zu bekommen.

Zumindest war schonmal die erste Hürde damit geschafft, dass ich keine Angst hatte, da grundsätzlich hinzugehen, weil mein Liebster (der selbst eine immense Zahnarztphobie hat) dort zu dem Zeitpunkt schon seit einigen Monaten Patient war. Wir haben den Zahnarzt durch Zufall entdeckt, als er mal dringend einen Notdienst benötigt hat, und danach hat er direkt dorthin gewechselt. So wohl man sich bei einem Zahnarzt fühlen kann; er hat sich noch nie bei einem so wohl wie dort gefühlt. Und das gibt nunmal Hoffnung.

Mein Weg bis zum ersten Termin

Je mehr Zeit verstrich, umso besser wurde auch meine damit zusammenhängende Panik. Anfangs war sie wahrlich inbrünstig, da ich befürchtete, die schlimmsten Löcher und wackelige Zähne zu haben (mein Kopf liebt es, mir Streiche zu spielen), aber mein Freund beruhigte mich immer wieder damit, dass ich bei den Dingen, vor denen ich mich so fürchtete, verdammte Schmerzen haben müsste – oder zumindest etwas spüren müsste. Ich war aber weder empfindlich bei Temperaturen, noch hatte ich sonst irgendwelche Beschwerden.

Die einzigen Beschwerden, die ich hatte, waren immer auf die Weisheitszähne zurückzuführen, die ich ja in dem Zeitraum alle bekommen habe. Durchbruchschmerzen und so. Einmal hatte ich sogar eine Kiefersperre für zwei Tage. Im Nachhinein betrachtet alles halb so wild.

Irgendwann ging ich dann dazu über, mir zu denken, dass ich dann wenigstens mal wüsste, ob und was los ist und vor allem eine Behandlung erfolgen kann. Immerhin kann man durch schlechte Zähne ja seinen gesamten Kreislauf vergiften und zum Beispiel sogar einen Herzinfarkt bekommen!

Je näher der Termin dann kam, umso nervöser wurde ich wieder. Paranoide Ängste ergriffen mich und wieder bildete ich mir Dinge ein, die gar nicht da waren. Am schlimmsten ist es mit meiner unerklärlichen Angst, dass ich meine vier vorderen Schneidezähne alle verlieren würde, wenn man nur etwas fester dran ankommt. Keine Ahnung ehrlich gesagt, wann diese Angst das erste Mal aufgetaucht ist, aber sie plagt mich.

Sie plagt mich so sehr, dass ich nicht in einen Apfel beißen kann, aus Angst, es steckt plötzlich ein Zahn darin. Sie plagt mich so sehr, dass ich nicht normal mit den Schneidezähnen abbeißen kann, wenn ich aktiv darüber nachdenke und es nur schaffe, sie auch richtig zu „benutzen“, wenn ich eben nicht darüber nachdenke – was zum Glück noch oft genug passiert.

Aktuell befasse ich mich ja damit, bewusst auf diese Zähne zu beißen, um mir selbst (und hauptsächlich meinem Kopf, denn darin ist diese Angst) zu zeigen, dass das, was ich so dermaßen befürchte, gar nicht eintreten wird.

Es wird. Die größten Probleme in dem Zusammenhang habe ich noch immer mit Zahnseide, denn nach der Benutzung davon bilde ich mir einfach ausnahmslos jedes Mal ein, dass meine unteren Schneidezähne nun wackeln – und nicht selten führt das vor oder sogar während der Benutzung daher zu Panikattacken.

Was war/ist alles zu machen?

Ich hatte meinen ersten Termin und offensichtlich wahnsinniges Glück.

Mein Zahnfleisch ist entzündet, es brauchte eine Mundhygiene und zwei kleine Reparaturen an anderen Zähnen – eine davon wurde schon an meinem ersten Termin gemacht, das zweite war ein weggebrochenes Stück Zahn, das dann bei einem zweiten Termin wenige Tage später erledigt wurde.

Insgesamt waren es drei Termine und meine Zähne sind soweit okay. Solange mich die Weisheitszähne nicht stören, müssen sie nicht raus, das Röntgenbild sah soweit gut aus. Es gibt ein paar wenige Verfärbungen, die man im Auge behalten muss und das war’s. Erst in ein paar Monaten ist mein nächster Kontrolltermin – und bis dahin hab ich natürlich nochmal meine Mundhygiene.

Ich habe keinen Zahnfleischschwund, (noch) keine Parodontose und laut Zahnärztin wird das nun auch durch die regelmäßige Mundhygiene verhindert. Eigentlich braucht man die ja nur so ein- bis zweimal im Jahr, aber ich hab den nächsten Termin schon bald. Bin auch ehrlich gesagt froh darüber, denn ich will das nicht mehr so lange schleifen lassen.

Aber schon nach diesen drei Terminen ist das Zahngefühl ein komplett anderes.

Ich bin selbstbewusster, weil ich mich wieder öfter offen lächeln und lachen traue (auch, wenn meine Zähne trotzdem schief sind, sind sie nun natürlich heller) und es ist ein allgemein gutes Gefühl, dass ich mich um meine Zahngesundheit kümmere.

Natürlich ist es noch ein ziemlicher Weg, bis ich z.B. vor Dingen wie Zahnseide zwischen meinen unteren Schneidezähnen keine Angst mehr habe, aber das Schlimmste habe ich geschafft und darauf kommt es an.

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