Warum Dreadlocks keine kulturelle Aneignung per se sind

Dreadlocks
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Immer wieder gibt es Diskussionen darüber, ob Menschen, die nicht schwarz sind, eigentlich Dreadlocks tragen dürfen – oder ob das eine rassistische Handlung sei. In diesem Fall kulturelle Aneignung genannt. Was es damit auf sich hat, erkläre ich dir gleich.

Nachdem ich vor rund zwei Monaten meinen Artikel über Reverse Racism veröffentlicht habe, fiel mir wieder mein Tweet über kulturelle Aneignung ein.

Damals hatten mich einige Personen per PN kontaktiert, um mir Informationen zum Thema zukommen zu lassen. Es folgte damals ein kleiner Thread von mir auf Twitter, den du dir aber nicht extra durchlesen brauchst, wenn du ihn noch nicht kennst. Denn auch darauf gehe ich gleich näher ein.

Ich habe zu diesen Personen und auch vielen weiteren (erneut) Kontakt aufgenommen und in den letzten Wochen jede Menge Infos zum Thema gesammelt. Denn es gibt da einige Missstände, die ich unbedingt aufklären möchte.

Dreadlocks zu besitzen ist nämlich nicht automatisch kulturelle Aneignung. Es kommt auf die genauen Umstände an und das ist ein äußerst komplexes Thema. Dass man daher nicht einfach mal via Social Media einer fremden Person kulturelle Aneignung unterstellen sollte, weil man nur selten innerhalb von 5 Minuten feststellt, aus welchem Grund die Frisur getragen wird, sollte dabei auf der Hand liegen.

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Was ist kulturelle Aneignung und wo beginnt das?

Begeht jemand eine kulturelle Aneignung, übernimmt er den Bestandteil einer Kultur von Mitgliedern einer anderen Kultur oder Identität. Kritiker sehen darin oft den Umstand erfüllt, dass diese Kultur dann ihrem Kontext entrissen wird – und zwar durch ihre historischen Unterdrücker höchstselbst.

Das Gegenteil von kultureller Aneignung bezeichnet man als kulturelle Wertschätzung.

Um das verstehen zu können, habe ich hier die wichtigsten Unterschiede für dich zusammengefasst:

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Kulturelle Aneignung

  • Man bedient sich bewusst einer fremden Kultur, um einen persönlichen Nutzen daraus zu ziehen
  • Jeweilige Kultur wird nicht berücksichtigt
  • man verzerrt dadurch die jeweilige Kultur
  • man trägt dadurch dazu bei, Stereotypen zu verstärken
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Kulturelle Wertschätzung

  • Man bedient sich bewusst einer fremden Kultur, um diese zu unterstützen
  • Wert der jeweiligen Kultur wird respektiert
  • Man tut etwas zu Ehren, aber nicht auf Kosten der Kultur
  • man wurde eingeladen, diese Werte weiterzugeben
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Und damit du das noch besser verstehen kannst, muss ich nun noch ein bisschen weiter ausholen.

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Ich beginne zuerst mit einem Positiv- und einem Negativbeispiel. Es wäre zum Beispiel kulturelle Wertschätzung, wenn du zu Gast in Korea bist und dort einen Hanbok trägst, um an dieser Tradition teilnehmen zu können. Dies wird dir dort einerseits durch Unternehmen gezielt angeboten, die dir diese kulturelle Erfahrung möglich machen möchten und du tust das ja auch, um die Kultur besser zu verstehen und selbst zu erleben. Kulturelle Aneignung hingegen wäre es, wenn du einen Hanbok als ein Partykostüm trägst, da du in dem Moment ja nicht darauf aus bist, die Kultur zu ehren und es dir stattdessen darum geht, Komplimente für das schöne Kleidungsstück zu erhalten und dich ggf. auch von der Maße abzuheben.

Es kann natürlich sein, dass Menschen, die dieser Kultur angehören, sich davon nicht gestört fühlen. Denn nicht immer wird kulturelle Aneignung auch als solche kritisiert. Am Ende kommt es nämlich auch auf die Intention des Aneigners an. Aber problematisch bleibt am Ende problematisch, denn hier kommt noch ein weiterer Faktor ins Spiel.

Wer eine Kultur wertschätzt, will sie natürlich nicht verzerren, sondern bei ihrer Verbreitung helfen. Ein Hanbok ist aber kein Kostüm, sondern ein traditionelles Gewand mit langer tradition.

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Hanbok

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Wird dieses Gewand nun aber als Kostüm entfremdet, wird damit auch die eigentliche Bedeutung davon verzerrt. Du würdest damit dazu beitragen, einen Stereotypen zu verbreiten, der am Ende zu rassistischen Scherzen und dergleichen führen kann.

Das willst du bestimmt nicht.

Meine Erfahrungen mit kultureller Aneignung

Ich kann mich noch gut an eine Situation in meinen Teenagerjahren erinnern, in denen ich Zeuge davon geworden bin, warum kulturelle Aneignung ein solches Problem ist. Nur war mir damals noch nicht klar, dass es so eine Situation war.

Wir hatten einige Nachbarn, die aus der Türkei stammten und eines der Kinder schenkte mir einmal ein Nazar-Amulett. Es war ein Armband mit vielen kleinen Perlen, eine davon war die „Augen-Perle“. Im Volksglauben gelten Menschen mit hellblauen Augen aufgrund ihres Blicks als unheimlich. Ein solcher Talisman soll vor dem „bösen Blick“ schützen. Geht der Talisman kaputt, hat er seinen Dienst getan.

Ich habe mich sehr über dieses bedeutungsvolle Geschenk gefreut und nachdem wir geklärt hatten, dass die Augen meines Vaters und meines Bruders nicht hell genug seien, um als unheimlich zu gelten, trug ich das Armband wirklich andauernd. Beim Einkaufen bekam ich von Angestellten im Supermarkt viele Komplimente dafür, wie ausgefallen und besonders mein Armband sein würde. Jeder hörte gespannt zu, als ich die Bedeutung des Armbands erklärt habe.

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Meine Freundin hatte selbst auch ein solches Armband und eines Tages waren wir gerade unterwegs zum Shoppen. Ich hatte meines zu Hause vergessen, also trug nur sie das Amulett an dem Tag. Auch sie bekam einen Kommentar darüber, aber in ihrem Fall war es das völlige Gegenteil.

Zu ihr hieß es nämlich: „Ihr Türken und eure seltsamen Symbole.“

Und das ist die Problematik von kultureller Aneignung in a nutshell. Der Grund, warum wir alle so penibel darauf achten sollten, nicht selbst zum Aneigner zu werden und warum wir Kulturen schätzen und wahren müssen.

Der Kultur-Fremde bekommt nämlich oftmals Komplimente und positive Werte mit der Anwendung dieser Kultur vermittelt, während Personen, die dieser Kultur selbst angehören, oftmals mit Spott zu rechnen haben.
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Nazar-Auge

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Ich will damit nicht sagen, dass ich in dem Moment kulturelle Aneignung begangen habe, weil ich das Nazar-Amulett getragen habe, bis es kaputtgegangen ist. Mir wurde es von meiner Freundin geschenkt, ich habe ihre Kultur stets geschätzt und wusste schließlich, was es damit auf sich hat. Ich habe das Amulett außerdem auch nicht getragen, um dafür bewundert zu werden, mich mit einer fremden Kultur auseinanderzusetzen. Diese Geschichte soll dir zu verstehen geben, was kulturelle Aneignung ausrichten kann.

Menschen entreissen einzelne Aspekte aus ihrer zugrundeliegenden Kultur, ohne ebendiese Werte erfolgreich weiterzugeben. Man beginnt die Bedeutung zu verlernen und zu vergessen und irgendwann ist nur noch bekannt, dass „die Türken immer so seltsame Symbole hatten“, um jetzt mal bei meinem Beispiel zu bleiben.

Jahre später besitze ich meinen Shop und bekomme immer wieder mal Anfragen zu neuen Schmuckstücken. So wurde ich eine Zeit lang mal gefragt, ob ich denn Halsketten mit den Umrissen des Kontinents Afrika verkaufen könnte. Ich war mir lange sehr unsicher, ob ich das tun sollte, oder das in irgendeiner Weise rassistisch sein könnte. Ich fragte eine BiPoC Freundin um Rat.

Ihr Rat begleitet mich bis heute, viele Monate später, und es ist ein wahrer Augenöffner für mich gewesen:

Wenn du dir unsicher bist, dann sieh besser davon ab, selbst wenn du ausdrücklich dazu eingeladen wurdest, es zu tun. Dein Herz versucht dich nicht grundlos daran zu hindern.

Und bevor jemand fragt: Sie hätte das nicht problematisch gefunden, wenn ich solche Schmuckstücke verkauft hätte. Genauso wie sieben andere BiPoC Personen, die ich danach gefragt habe. (Ich habe acht Personen befragt, es fand also keine davon problematisch.) Am Ende habe ich mich aber wegen diesem guten Ratschlag trotzdem dagegen entschieden.

Kulturelle Aneignung ist heutzutage ÜBERALL

So gut wie jeder Mensch macht heute Yoga, ohne sich mit den urtümlichen Werten davon und der Herkunft auseinanderzusetzen. Für viele ist es einfach nur eine Form von Bodengymnastik, die nicht ganz so anstrengend ist – und selbst das ist ein Klischee, das sich schnell als Trugschluss herausstellt, wenn man es mal ausprobiert. Nicht umsonst kann man damit jede Menge Gewicht verlieren.

So gut wie jede Kampfkunst ist kulturelle Aneignung. Karate, Taekwondo, Tai Chi, Judo – um nur einige zu nennen. Wobei man an der Stelle sagen muss, dass ein guter Verein auch die Grundsätze davon lehrt und man dadurch wiederum in die kulturelle Wertschätzung übergeht.

Der Boho-Chic Stil ist heutzutage ein beliebter Stil für Mode und Accessoires, stammt aber eigentlich aus einem Pariser Viertel, in dem viele Sinti und Roma lebten, die aus der Region um Böhmen stammten. Künstler, die sich dort angesiedelt haben, ließen sich von deren Stilen inspirieren und irgendwann übertrug sich das auf unsere heutige Popkultur. Wobei ich der Meinung bin, dass sich in diesem Fall wirklich darüber diskutieren lässt, ob das ein tatsächlicher Fall von kultureller Aneignung ist. Immerhin wurde der Stil der Roma und Sinti nicht 1 zu 1 übernommen, er diente lediglich als Inspiration. Ständig ist alles irgendwo für irgendwen eine Inspiration, so funktioniert Kunst nunmal…

Traumfänger sind eine kulturelle Aneignung, wenn sie aus einer Massenfertigung stammen und zum Beispiel nicht von einem Stamm persönlich gekauft wurden.

Bei Produkten, die man irgendwo kaufen kann, ist die Abgrenzung sehr leicht. Kommt der Kauf dieser Produkte denjenigen zugute, die dieser Kultur angehören? Oder profitiert jemand davon, der absolut nichts damit zu tun hat? Aber selbst dann muss man sich bei vielen Symbolen fragen, ob es der jeweiligen Kultur tatsächlich schadet. Gerade asiatische Bevölkerungen sehen es zum Beispiel oftmals als Ehre, wenn ihre Kultur weltweit Anerkennung findet. Es kommt also wirklich immer auf den Einzelfall an – und auf die Absicht des Aneigners.

Positiv-Beispiel BTS vs. Negativ-Beispiel Coldplay

Ziehen wir zwei sehr berühmte Musikvideos für die weitere Besprechung der Abgrenzung heran.

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Wer keine Hintergründe zu den beiden Videos kennt, würde auf den ersten Blick vermutlich sagen, beides sei kulturelle Aneignung. Aber falsch gedacht.

BTS sind hier nicht ohne Grund als Positivbeispiel genannt, denn ihr Musikvideo zu Idol (und damit auch der Song an sich) ist eine kulturelle Wertschätzung.

  • Im gesamten Video sind Elemente der südafrikanischen Kultur.
  • Es vermischt sich mit der koreanischen Kultur, es gibt einen fließenden Übergang.
  • Die Kleidung der Bandmember stammt von Designern, die aus Südafrika stammen.
  • Der Tanz entspricht unter anderem dem Gwara Gwara, dessen Ursprung von den Jungs mehrfach erklärt wird.

Coldplay haben in ihrem Video zu Hymn For The Weekend aber in den Augen von Kritikern auf ganzer Linie versagt, was die Wertschätzung angeht. Das Musikvideo ist voller Rassismus.

  • Die Komination aus Kindern + Slum + Holi Festival hat vielen übel aufgestoßen.
  • Dass Beyoncé traditionelle indische Kleidung trägt, missfällt vielen Personen.
  • Generell sehen Kritiker in dem Musikvideo viele Elemente, die ihrer Meinung nach aus dem Kontext gerissen werden.

Gleichzeitig haben Coldplay aber Zeit in Indien verbracht und sich dort näher mit der dortigen Kultur befasst. Aber das passiert. Man kann sich auch der kulturellen Aneignung schuldig machen, ohne das eigentlich zu wollen.

Halten wir also fest:

Checkliste für kulturelle Aneignung

Damit man es mit kultureller Aneignung zu tun hat, müssen einer oder mehr der folgenden Punkte erfüllt sein:

  • Man profitiert von einer fremden Kultur, über die man nicht Bescheid weiß.
  • Man wendet diese Kultur an, um sich selbst einen Vorteil zu verschaffen.
  • Schöpfer und Zugehörige dieser Kultur profitieren von diesem Verhalten nicht.
  • Durch das eigene Handeln wird die Kultur verzerrt und verfälscht wiedergegeben, wodurch man ihr schadet.
  • Man weiß die Kultur nicht zu schätzen, die man durch das eigene Handeln weitergeben möchte.
  • Es werden Kleidung oder Schmuck mit religiöser oder spiritueller Bedeutung getragen, während man selbst nicht an diese Bedeutung glaubt oder die Religion nicht selbst praktiziert.

Checkliste für kulturelle Wertschätzung

Wertgeschätzt wird die fremde Kultur hingegen, wenn einer oder mehr der folgenden Punkte erfüllt sind:

  • Man ist sich im Klaren über die Hintergründe der Kultur, die man wiedergibt und verbreitet.
  • Man wurde ausdrücklich von jemandem dieser Kultur dazu eingeladen, sie weiterzugeben.
  • Schöpfer und Zugehörige dieser Kultur profitieren von diesem Verhalten, da man weitere Personen dazu animiert, sich mit dieser Kultur auseinanderzusetzen und sie ggf. auch selbst zu übernehmen.
  • Man gibt Acht darauf, die Kultur korrekt und nicht verzerrt zu transportieren. Passiert das doch, ist man bereit dazu, die Fehler richtigzustellen und daraus zu lernen.
  • Die fremde Kultur wird nicht ausschließlich dazu angewendet, um sich persönlich zu bereichern.
  • Man kennt die Grenze von Wertschätzung zu Spott und überschreitet diese nicht.
  • Es besteht die Bereitschaft, sich stets weiter über die Kultur zu bilden und das eigene Wissen durch Bücher oder andere kreative Werke von Mitgliedern der Kultur zu erweitern.

Das mit der persönlichen Bereicherung ist so eine Sache. Man kann nämlich eine fremde Kultur wertschätzen und damit auch Geld verdienen. Damit sorgt man ja trotzdem auch dafür, dass die Kultur korrekt verbreitet wird und niemand wird das tun, der nicht auch ehrlich an der jeweiligen Kultur interessiert ist. Das gilt zum Beispiel für Personen, die in einem Museum arbeiten, oder für Trainer von einem Kampfsport.

So. Nun haben wir die ganzen Grundsätze rund um kulturelle Aneignung geklärt, jetzt können wir uns endlich dem ursprünglichen Thema widmen. Dreadlocks!

Warum Dreadlocks keine kulturelle Aneignung per se sind

Dreadlocks sind nur eine von verschiedenen Frisuren, die man der afrikanischen Kultur zuschreibt. Daneben gibt es noch Open Braids, Rastafrisuren (auch Rastas oder Rastazöpfe genannt), Cornrows, Twists, Weaves und Crochtes. Und falls ich noch welche vergessen habe, bitte ich an dieser Stelle um Verzeihung.

Aber die Sache ist: Dreadlocks gehören eben nicht nur zur afrikanischen Kultur.

Neben meinen damaligen türkischen Nachbarn bin ich auch mit einigen Personen aufgewachsen, die aus Kambodscha stammen und damals vor den Roten Khmer geflohen sind. Einer derjenigen trug vor einigen Jahren Dreadlocks. Diese gelten in Kambodscha nämlich als heilig. Der Vater meines Kumpels erklärte mir damals, dass in den Dreadlocks Wesenheiten leben würden, die den Träger beschützen. Wer Dreadlocks besitzt und durch Kambodscha spazieren würde, stößt an der ein oder anderen Ecke womöglich an eine streng gläubige Person, die sogar eine Strähne davon zu kaufen versuchen würde. Die Ursprünge von diesem Glauben gehen nach Indien und auf den Hinduismus zurück. Dort sah man Dreadlocks als Zeichen dafür an, mit der spirituellen Welt verbunden zu sein.

Ich habe mich in viel Literatur zum Thema eingelesen und weiß mittlerweile, dass die ersten bekannten Beispiele solcher Frisuren (damit nicht nur der Dreadlocks, sondern auch Rastas und dergleichen) aus dem alten Ägypten stammen dürften. Dort tauchen sie nämlich auf diversen Artefakten auf. Zumindest geht man heutzutage davon aus, dass die Textur an vielen Köpfen von menschlichen Hieroglyphen für solche Frisuren standen.

Ägypten-Dreadlocks-1

Ägypten-Dreadlocks-2

Credit 2. Bild: Nic McPhee

Darüber hinaus gibt es im Alten Testament die Geschichte von Simson und Delilah, in der die Potenz eines Mannes direkt mit den „sieben Locken auf seinem Kopf“ verbunden ist.

Nach römischen Berichten wurde beschrieben, dass Kelten „Schlangenhaare“ besitzen würden. Anderen Überlieferungen zufolge sollen auch germanische Stämme, die Griechen und Wikinger solche Frisuren getragen haben.

Einzig mit den Rastafrisuren ist das anders, denn diese Frisur wurde in den Jahren rund um 1930 geboren, als Lija Ras Täfärí Mäkonnen (auch bekannt als Haile Selassie) zum Kaiser von Äthiopien gekrönt wurde. Während einer Invasion wurde er ins Exil gezwungen. Damals schworen sich Guerillakrieger, sich die Haare nicht zu schneiden, bis der Kaiser wieder eingesetzt wurde. Rastalocken haben eine Bedeutung, die religiöse und politische Werte besitzt. Daher wurde die Frisur als eine Bedrohung des Christentums angesehen und jeder, der Rastalocken trug, wurde von Behörden angegriffen, um die sogenannte Rasta-Bewegung zu unterdrücken.

Es war der berühmte Reggae-Künstler Bob Marley, durch den diese Frisur später zum Mainstream wurde. Wer sich Rastalocken machte, fühlte sich der von ihm etablierten Philosophie und der Rastafari-Bewegung hingezogen.

Die Gründe, Dreadlocks zu tragen, können also vielfältig sein. Es gibt viele Kulturen, die einem Anlass dazu geben können, es kann ein religiöser, ein spiritueller oder auch ein politischer Grund dafür verantwortlich sein. Es kann ein Ausdruck des ethnischen Stolzes sein oder auch einfach nur eine Modevorliebe. Ohne zu wissen, aus welchem Grund ein Mensch Dreadlocks trägt, steht es keinem von uns zu, das automatisch als eine kulturelle Aneignung zu verunglimpfen.

Der Begriff „Dreadlocks“ wird nicht von allen BiPoC gemocht

Dieses Wissen solltest du unbedingt zu Dreadlocks haben.

Wie soeben erwähnt, haben sich die Anhänger von Lija Ras Täfärí Mäkonnen geweigert, ihre Haare abzuschneiden. Die Christen bezeichneten sie daher als schrecklich und grässlich – auf Englisch „dreadful“. Dadurch entstand auch der Begriff „Dreadlocks“, was für „grässliche Locken“ oder einen ähnlich abwertenden Ausdruck steht.

Wer den Begriff nutzt, muss sich im Klaren darüber sein, dass er womöglich missverstanden wird. Jemand, der die Frisur trägt, könnte sich im ersten Moment beleidigt oder angegriffen fühlen, weil er den Begriff als herabwürdigend interpretiert. Man sollte ihn daher auch keinesfalls gegenüber jemandem nutzen, der Mitglied der Rasta-Community ist – es sei denn, derjenige erlaubt es einem ausdrücklich.

Viele BiPoC benutzen den Begriff aber selbst und haben auch kein Problem damit, wenn weiße oder nicht-BiPoC Menschen ihn ebenso benutzen.

Ich mache es im direkten Gespräch immer so, dass ich den Begriff nicht verwende, solange ich nicht eindeutig weiß, ob sich mein Gegenüber davon angegriffen fühlt. Man kann ja auch einfach das Wort „Frisur“ verwenden.

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