In Fachkreisen wird Bulimie als „Bulimia nervosa“ bezeichnet und zu den Essstörungen gezählt. Die Erkrankung zeichnet sich durch ein übermäßiges Verlangen nach Essen aus, nach dessen Verzehr allerdings das starke Bedürfnis besteht, dieses wieder loszuwerden.
„Bulimia“ stammt aus dem Altgriechischen und bedeutet wörtlich übersetzt „Ochsenhunger“ und weist auf die Heißhungerattacken der Betroffenen hin. „Nervosa“ deckt die psychische beziehungsweise nervliche Komponente dieser Erkrankung ab. Umgangssprachlich wird die Störung als Ess-Brech-Sucht bezeichnet und bleibt oft lange Zeit unerkannt.
Symptome
Grundsätzlich wird bei dieser Essstörung zwischen zwei verschiedenen Typen unterschieden.
Beiden Typen haben gemeinsam, dass bei einem Fressanfall fett- und kohlehydratreiche Nahrungsmittel zu sich genommen werden. Es ist nicht unüblich, dass so bei einer Heißhungerattacke 5000 Kalorien auf einmal gegessen werden.
Wie oft es zu einer Heißhungerattacke kommt ist unterschiedlich und variiert zwischen mehrmals am Tag und mehrmals die Woche. Die Zeit zwischen diesen Fressanfällen zeichnet sich vor allem durch übermäßiges Hungern aus. In dieser Zeit werden vor allem kalorienarme und gesunde Nahrungsmittel gegessen.
Die Gedanken bei einer Bulimie kreisen permanent um das Gewicht und die Angst zuzunehmen. Menschen mit Bulimie zeichnen sich durch ein hohes Maß an Perfektionismus aus und wollen den Erwartungen anderer permanent gerecht werden.
Nach einer Heißhungerattacke gibt es je nach Typ zwei Strategien, um die eigentlich unerwünschten Kalorien wieder los zu werden und eine Gewichtszunahme zu verhindern.
Klassischerweise gehört dazu das Erbrechen.
Der Purging-Typ
Der Purging-Typ, zu dem die Mehrzahl der Betroffenen gehören, nimmt häufig auch Abführmittel, um sich dem Essen schnell wieder zu entledigen.
Der Non-Purging-Typ
Der Non-purging-Typ versucht durch exzessiven Sport oder lange Fastenperioden einer Gewichtszunahme entgegen zu steuern.
Für Außenstehende bleibt die Essstörung oft unbemerkt. Menschen mit Bulimie sind in aller Regel normalgewichtig und unauffällig im äußeren Erscheinungsbild.
Erst wenn die Bulimie schon lange vorhanden ist, fallen Gewichtsschwankungen auf. In Gesellschaft zeigen Bulimiker ein völlig normales Essverhalten. Die Fressanfälle geschehen in erster Linie heimlich, so dass Familienmitglieder oft gar nichts davon mitbekommen.
Ursachen von Bulimie
Wie bei vielen Erkrankungen, die eine psychische Komponente haben, gibt es keinen klassischen Auslöser für die Bulimie. Meistens führt eine Vielzahl von Faktoren zu dieser Essstörung. Dazu gehören gesellschaftliche Wertevorstellungen, familiäre und psychische Faktoren.
Zu den psychischen Faktoren gehören in erster Linie Selbstwert- und vor allem Selbstwahrnehmungsprobleme. Der eigene Körper wird als zu dick wahrgenommen, obwohl dem gar nicht so ist. Häufig kam es in der Vergangenheit zusätzlich zu belastenden Lebenssituationen oder Traumata.
Herrscht innerhalb der Familie erhöhter Leistungsdruck und es besteht eine Unfähigkeit, Konflikte zu lösen, ist die Wahrscheinlichkeit an Bulimie zu erkranken, im Kombination mit den anderen Faktoren, erhöht.
Eine Studie an Zwillingen hat außerdem gezeigt, dass es eine genetische Disposition gibt, an Bulimie zu erkranken.
Warum sind häufig junge Frauen betroffen?
Schätzungsweise sind allein in Deutschland drei Millionen Menschen von dieser Essstörung betroffen. Es wird davon ausgegangen, dass mindestens 90 % davon Frauen zwischen 15 und 35 Jahren sind. Schuld daran ist vor allem das gesellschaftliche Schlankheitsideal.
In der westlichen Welt scheint Attraktivität zwingend mit dem idealen Gewicht zusammenzuhängen. Gerade junge Frauen, die in der Pubertät noch sehr unsicher mit ihrem eigenen Körper sind, sind daher sehr empfänglich für die äußeren Einflüsse durch Mode und Werbung. Das Selbstbewusstsein baut sich auf diese Weise durch Respekt und Komplimente der Außenwelt zur Figur auf. Auf diese Weise baut sich ein innerlicher Druck auf, diesem Ideal permanent gerecht zu werden, der Teufelskreis beginnt.
Folgeerscheinungen
Das wiederholte Erbrechen setzt besonders dem Körper stark zu. Das Erbrechen kann dauerhaft zu einer Refluxkrankheit und Sodbrennen führen, da die Speiseröhre oft geschädigt und gereizt ist. Die Magensäure ist außerdem extrem schädlich für die Zähne, da sie den Zahnschmelz massiv angreift.
Durch das Erbrechen und den Verlust von Mineralien wird der Elektrolythaushalt gestört. Das führt langfristig neben Kreislaufproblemen durch den Kaliummangel zu Herzrhythmusstörungen, Nierenschäden und einer Mangelernährung. Da nicht nur ein Kalium-, sondern auch Kalziummangel entsteht, wird die Hormonproduktion des Körpers gestört. Das führt bei Frauen zu Menstruationsbeschwerden oder sogar zur Unfruchtbarkeit und kann zu einer Abnahme der Knochendichte führen.
Wird öfter Abführmittel genommen, kann dies die Darmschleimhaut schädigen.
Was kann ich gegen Bulimie tun?
Wenn Du glaubst, Bulimie zu haben, vertrau Dich Deiner Familie an und sucht gemeinsam einen Arzt auf. Dieser wird anhand der Symptome die richtige Diagnose stellen können.
Der wichtigste Baustein, um wieder gesund zu werden, ist eine Psychotherapie. Vor allem bei einer Bulimie dürfen nicht nur die Symptome bekämpft werden, sondern auch die Ursache.
Je nachdem in welchem Stadium die Erkrankung bereits ist und welche Symptomatik vorliegt, ist oftmals ein stationärer Aufenthalt empfehlenswert. Besonders wenn der Körper in Mitleidenschaft gezogen ist, macht so ein stationärer Aufenthalt Sinn. Auf diese Weise wird den Erkrankten die Möglichkeit gegeben, aus dem Teufelskreis auszubrechen.
Sie können sich keine Essensvorräte anlegen und gezielt ein neues Essverhalten erlernen.
Neben der Aufarbeitung der psychischen Probleme, die überhaupt erst zu der Essstörung geführt haben, ist es wichtig, dass wieder eine gesunde Beziehung zu Essen hergestellt wird.
Betroffene können sich zusätzlich Selbsthilfegruppen anschließen, eine Liste mit Anlaufstellen ist unter https://schlanke-list.de/ zu finden.
Dort gibt es die Möglichkeit sich mit anderen Betroffenen auszutauschen und wieder neuen Mut zu sammeln.
Eine Behandlung mit Medikamenten ist in der Regel nicht vorgesehen. Je nach Symptomatik ist es aber möglich, dass Antidepressiva zum Einsatz kommen.
Ist ein normales Leben wieder möglich?
Der Weg ist lang, bis ein normales Essverhalten wieder eintritt und Betroffene müssen akzeptieren, dass die Bulimie einmal ein bestimmender Teil ihres Lebens war. Mehr als die Hälfte der Erkrankten sind nach einer jahrelangen Therapie symptomfrei. Gerade weil die Essstörung selten in einem Frühstadium entdeckt wird, hat sich das Verhalten bereits manifestiert und die Behandlung nimmt Zeit in Anspruch.
Es kann selbst während der Behandlung immer wieder zu Rückschlägen kommen, von denen sich Erkrankte allerdings nicht entmutigen lassen dürfen. Gerade mit einer Selbsthilfegruppe im Rücken, kann immer wieder neuer Mut gesammelt werden.
Stimmt die Unterstützung und die Psychotherapie wird gut angenommen, ist in aller Regel die Prognose sehr gut.