Wie fühlt sich Burnout eigentlich an?

Burnout

Man könnte sagen, ich habe im Leben alles das erreicht, was ich mir jemals erträumt habe. Noch bevor ich 30 werde, führe ich meine eigenen Unternehmen, habe eine Beziehung, die ich mir in ihrer Perfektion nicht einmal zu wünschen gewagt hätte und darf mich um mehrere durchgeknallte Vierbeiner kümmern, die ich über alles liebe. Durch unsere finanzielle wie auch wohnliche Situation bin ich in der Lage, meinen Eltern so zu helfen, wie ich es mir immer gewünscht habe und wie es für sie auch wirklich hilfreich ist. Themen, die ich liebe – von Animes über Korea bis hin zum Websiteaufbau sind feste Bestandteile meines Berufslebens geworden und ich kann einfach jederzeit all das machen, worauf ich Lust habe. Egal, wann. Egal, wie lange. Jetzt muss ich nur noch lernen, das zu genießen.

Ich liebe es, Dinge von meiner To-Do-Liste streichen zu können. Ich habe zahlreiche davon. Genauso, wie ich zahlreiche Notizbücher habe, für jeden Anlass und sogar für jede meiner Webseiten ein eigenes. Meine Social Media Accounts waren eine Zeit lang davon geprägt, dass ich nahezu jedes Wochenende woanders gewesen war. Beruflich oder privat, ich habe so viele wunderschöne Orte sehen und entdecken dürfen und sie meistens auch mit euch geteilt.

Was ich aber nicht geteilt habe, war meine immer stärker ermüdende Seele. Mein psychischer Zustand, der sich mit jedem nächsten Monat verschlechterte, da ich mir kein Wochenende lang Pause zugestand. Ich trieb mich weiter voran, tigerte mich in das nächste Abenteuer und gab mir gar keine Gelegenheit, all das seelisch zu verarbeiten, was da privat Schlechtes um mich herum passierte. Stattdessen hielt ich mich selbst in einem Teufelskreis gefangen. Bis dann irgendwann gar nichts mehr ging.

Und plötzlich war da diese Leere

Irgendwann machte ich nur noch das Nötigste. Das, was eben notwendig war, um finanziell noch gut über die Runden zu kommen. Wirklichen Spaß machte mir das aber nicht mehr, es musste halt eben getan werden. Meine Prioritäten wurden allesamt verschoben, es stand plötzlich das Notwendige im Vordergrund. Nicht das, was mir Spaß machte. Nicht das, was mir dabei helfen würde, meine mentalen Batterien wieder aufzuladen.

Alles in mir war mit einem Schlag leer. Wirklich, mit einem Schlag. Burnout ist etwas, das sich ganz langsam und schleichend aufbaut. Wenn man es selbst zu bemerken beginnt, ist es meist schon zu spät. Dann ist da bereits diese unendliche Nervosität, diese Reizbarkeit, dieser Motivationsverlust und die unendlich andauernde Müdigkeit.

Plötzlich ist man seines Lebens müde, man will einfach nicht mehr. Möchte nur noch, dass dieses ewige Hamsterrad aufhört sich zu drehen, in dem man sich selbst gefangen hat und fühlt sich von jeder noch so kleinen Sache überfordert. Und damit meine ich wirklich jede. Kleine. Sache. Es gab Tage, an denen ich in Tränen ausgebrochen bin, weil mir meine bessere Hälfte nicht einfach schon Socken in die Hand gedrückt hat und mir diese für mich zu dem Zeitpunkt unschaffbare Quest abgenommen hat.

Funny Thing an dieser Stelle: Er war selbst kurz vor dem Burnout, als er vor nun mehr als einem Jahr seinen Job gekündigt hat. Ich tat alles in meiner Macht stehende, um ihn davor zu bewahren und hab es auch geschafft. Mehrere private Ereignisse, die mich so unendlich genervt haben, dass ich mich gar nicht mit ihnen rumschlagen wollte, haben mich dann dazu getrieben, mich immer mehr in meine Arbeit zu stürzen und sonst nichts anderes um mich herum mehr wahrzunehmen. Und dann habe ich selbst mit voller Wucht das abbekommen, was ich von ihm ferngehalten habe. Ironisch, oder?

Manchmal wünsche ich mir, ich könnte die Zeit zurückdrehen. Mich selbst am Kragen packen, mich ordentlich durchschütteln und mich dann fragen, ob ich noch alle Tassen im Schrank habe, mir selbst so etwas anzutun. Letzten Endes kann mich mein Lebensgefährte so viel darauf hinweisen, wie er möchte, dass ich mal Pause machen sollte. Ich bin es, die das umsetzen muss. Ich bin es, die Hilfe annehmen muss. Und ich bin es, die mir selbst zugestehen muss, auch wieder zu leben und nicht bloß wie eine Maschine zu funktionieren.

Die meiste Zeit aber wünsche ich mir einfach mal nur Stille in meinem Kopf. Andauernd ist da meine innere Stimme, die mich anschreit, alle möglichen Gedanken so prominent durchkaut, dass da kein Platz mehr für irgendwas anderes ist. Ich habe sporadisch Tinnitus, der mir aufzeigt, dass es gleich völlig rund in meinem Kopf geht, oft sagt man zu mir etwas und ich nehme es nur noch entfernt wahr. Ich fühle mich einfach vollkommen ausgelaugt, wünsche mir eine Pause – oder eben, dass alles einfach mal ruhig um mich herum ist. Aber das ist es eben nie und so fühle ich mich wie in einem Teufelskreis gefangen.

Keine anerkannte Krankheit nach ICD-10-GM

Burnout ist keine durch die Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme 10 (kurz eben ICD-10-GM oder auch nur ICD-10) anerkannte Krankheit. Es handelt sich dabei auch mehr um einen geistigen Zustand, als um eine wirkliche Erkrankung. Eine Sammlung psychischer Probleme, die von anhaltender Müdigkeit bis hin zu starker Depression mit Suizidalität reichen kann. Mehr dazu werde ich aber in einem anderen Artikel schreiben. Behaltet dazu einfach meine Kategorie über Burnout im Auge!

Genesungszeit Open End

Es endet leider nicht damit, dass ich erkannt habe, dass ich von Burnout betroffen bin. Denn auch, wenn ich nun alles in meiner Macht stehende tue, um Selfcare zu betreiben und achtsamer mir selbst gegenüber zu werden; die Genesung dauert statistisch gesehen doppelt so lange, als die Zeit, die man damit zugebracht hat, sich selbst erst in diesen Zustand zu katapultieren. Leider bin ich dann auch einer dieser Menschen, der gesund sein mit belastbar verwechselt.

Immer wieder erwische ich mich dabei, wie ich vier Stunden am Stück arbeite, ohne wirklich Pause zu machen. Wie ich selbst natürlichste Bedürfnisse zurückstelle, um einzelne meiner vorgenommenen Aufgaben fertigzustellen. Bis ich eben merke, dass ich mir so eigentlich mehr schade, als dass es mir hilft.

Ich habe noch einen langen Weg vor mir und kann nur immer wieder an mich selbst appellieren, dass das Leben so viel mehr zu bieten hat, als was ich gerade für mich draus mache.

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